Sonntag, 24. Juni 2012

Elise Brockmüller


 

Kukident-Lounge auf der Insel Langeoog:

»Mit 66 Jahren da fängt das Leben an. Mit 66 Jahren …«, Elise Brockmüller sang laut, gern und falsch. Sie war Mitglied bei den ›Likedeelers‹, war Chorstimme und da konnte sie die Töne auch halten. »Udo Jürgens! Bei dem kriegste Sternkes inne Augen«, erklärte sie und seufzte genüsslich.
Sie begann zu tanzen, es wurde etwas holprig, aber dazu erklärte sie nur: »Früher hab ich mit Schmackes Rock’n Roll getanzt. Mit Überschlag und so …«
Rosanna prustete. »Du?«
Elises »Ich war ′ne richtige Wuchtbrumme« klang etwas pikiert. »Sag mal, sollen wir die Fasane lieber selbst braten? Oder will die Schally kochen? Vom richtigen Würzen versteht sie ja rein gar nichts. Außerdem werden die Vögel bestimmt zäh und trocken. Die Frau hat doch keine Ausdauer, die setzt das Fleisch in den Ofen und denkt, den Rest machen die Vögel mit dem Backofen allein ab.« Ihr Doppelkinn bebte in vorauseilender Empörung und die kurze Perlenkette würgte den üppigen Hals.
»Wir kochen«, entschied Rosanna. »Solange die Frau uns einschwatzt, wir hätten das Charisma eines 3-Phasen-Reinigers, und unser Lebenssinn seien ausschließlich Haftcremes und Stützstrümpfe, braucht sie nicht für uns kochen. Wahrscheinlich ist sie mal wieder so überheblich, weil sie einen neuen Strahlemann, so einen wie den Rüttgers, an der Hand hat.«
»Hand? Wenn schon, doch wohl im Himmelbett? Och. Manchmal hätte ich das auch ganz gern. Jedenfalls ab und an.« Elise lachte. »Die Schally versprüht so einen Eisbombensex. Den lieben manche Männer.«
Rosanna kicherte. «Sie soll sich mehr um Kurt kümmern, seine Vergesslichkeit nimmt zu.«
»Ja. Ja. Ja. Wer kauft denn nun den Rest ein?« Elise piekte mit dem linken Ringfinger in die Luft. Den Finger zierte ein auffallend großer Brilli. »Vonnen schnuckeligen Heinrich aus Dortmund!«
»Ja. Dein Heinrich. Erinnerungsmäßig liebst du ihn mehr als zu seinen Lebzeiten. Damit du es auch weißt: Das Essen haben wir um eine Woche verschoben. Paul Herrmann kommt auch. Sogar der Kommissar mit seiner Sonja wird mit uns tafeln. Otto soll Hannes einladen. Ist dann ein Aufwasch. Schließlich sind wir dran.«
»Ist das mit der Köchin, mit dieser Sonja, was Ernstes?«
»Keine Ahnung. Die weiß jedenfalls, was sie will«, sagte Rosanna

"Gehirne? Warum denn Gehirne?"


Die schöne Köchin Sonja findet im Wald auf der Insel Langeoog drei Gehirne. Wie kommen die dahin? Und warum?

Währenddessen bügelt der nackte Auricher Kommissar Nathan Töwer seine Jeans. Nie hätte er geglaubt, dass sein Jahr auf der Insel so turbulent würde. Normalerweise ist wenig los, jedenfalls nicht besonders viel für die Inselpolizei.
Alles hatte so ruhig begonnen.

Noch ahnen die Bewohner der Kukident-Lounge  nicht, was auf sie zukommt. Und dann  ...
Noch pflegen sie ihre skurrilen Angewohnheiten. Schon merkt der eine oder andere, dass der Nachbar mehr vergisst als man selbst.
Dieses Vergessen.
Und davor fürchtet sich auch eine der Pflegerinnen, die ihrer Furcht entkommen will. Mit Boxen. Und Joggen.

Der Winter kommt früh. Mit ihm ungewöhnlich viel Schnee und Eis. Und auf einer schneebedeckten Düne wird der alte Paul Herrmann tot aufgefunden. Neben ihm steht sein Rollstuhl.
Wie starb er?
Nathan und sein Kollege müssen ermitteln. Die Frage nach dem warum starb er, verdichtet sich zu der Feststellung: Mord.


noch ist alles ganz normal ...





Wolken ziehen auf 






und böse Dinge geschehen

dieser Link (Amazon) führt zum:

Langeooger Liebestöter: Inselkrimi

 

 

  

 

Der Anfang zum Reinlesen:

Kommissar Nathan Töwer stand nackt vor dem Bügelbrett und plättete seine Jeans …

Es war ein Samstagnachmittag am Ende des Sommers. Die Luft schmeckte rauchig. Im Inselwäldchen leuchtete ein Apfelbaum mit rotgelben Früchten, andere standen schief, waren entwurzelt durch den letzten Sturm. Sonja Mittag spürte noch Nathan auf ihrer Haut. Träge drehte sie sich um.
Schon rutschte die Sonne vom Himmel und Nebel schwamm über dem Boden. Sonja setzte sich auf einen Baumstamm, Gras hing strähnig, dazwischen buckelten Erdhügel. Möwen kreisten. Ein schöntrauriger Grönemeyer-Song saß wie ein Ohrwurm in ihrem Kopf, und von St. Nikolaus läuteten die Glocken.
Zwischen Disteln und Stängeln, vor einem windschiefen Baum, entdeckte Sonja drei Stühle, so kleine, wie für Puppen.
Kinder aber hatte sie auf ihrem Spaziergang nicht gesehen. Sonja stand auf und ging zu scheinbar vergessenen Spielsachen eines Mädchens.
Grau-schwarz gestreifte Fleischfliegen schwirrten brummend. Neben jedem Stuhl flackerten kaum sichtbar Grablampen, auf den Sitzen waren rote Servietten ausgebreitet, und auf ihnen bebte Wabbeliges und schien auf allen das Gleiche zu sein.
Pudding? Als Köchin dachte sie an Essbares.
Nein.
Sie beugte sich vor. Und schüttelte sich. Gehirne? Gehirne! »Warum denn Gehirne?«, fragte sie laut.
An den Grablampen klebten Fotografien. Schwarz- weiß, mit Zackenrand. Sie zeigten Gesichter von alten Männern.
Schmeißfliegen setzten sich sirrend zwischen Sonjas Haare. Schwerfällig kreisten sie um ihr Gesicht und setzten sich vor den Nasenlöchern ab. Sonja presste den Mund zusammen und hielt den Atem an.
Weg! Nur weg.
Abrupt drehte sie sich um und rannte los. Unterwegs ritzten ihr die Dornen der Heckenrosen die Haut auf.
Während sie ins Gestrüpp kotzte, klopfte ein Specht mit seinem Schnabel gegen einen Baumstamm.