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Langeoog. Im Gras sitzen und träumen. Rechts ist der Hafen, hinter dem Grün die Teestube und Lokale |
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...auch jenes, in dem Kommissar Töwers Freundin Sonja als Köchin arbeitet. Irgendwo im Dorf ist die fiktive Kukident-Lounge mit ihren Bewohnern, dem Kurt, der Elise, Rosanna, der Otto und Ansgar.
Irgendwo im Dorf ist ein Mörder.
Man wünscht sich einen Strandkorb, um dieses Buch zu lesen. Die
heimische Terrasse oder das Sofa tun es aber genau so - weil man
eigentlich beim Lesen vergisst, wo man sich befindet. Denn gemeinsam mit
Kommissar Töwer, zwangsversetzt nach Langeoog, macht der Leser eine
schaurig-skurrile Reise auf die Insel. Sonja, von Beruf Köchin und
Töwers Freundin, findet am Ende des Sommers drei Gehirne. Jedes liegt
auf einem Puppenstühlchen, daneben brennen Kerzen.
Während die
Gerüchteküche bei den Urlaubern brodelt und wieder erkaltet, zieht der
Winter ein auf Langeoog. Mit Schnee (außergewöhnlich genug für das
Eiland) und einem Mann, der erfroren in den Dünen liegt. Der Leser weiß,
wie er dort hin kam, was er in den letzten bitteren Stunden erlebte.
Die Kommissare, die viel lieber ihre Ruhe hätten, haben keinen Schimmer.
Bis noch eine Leiche auftaucht: ein mumifizierter Mann, der in seiner
eiskalten Wohnung quasi gefriergetrocknet war. Nur... der Tote im Sessel
saß in einer fremden Wohnung!
Und dann sind da noch die Bewohner der
Kukident-Lounge: ein schrulliger Haufen, der keine Lust auf
'kaufreundliche Sahnetorten und Gesellschaftsspiele im Mehrzweckraum der
Kirchengemeinde' hat. Die älteren Herrschaften haben sich
zusammengetan, gemeinsam ein Haus gemietet und teilen sich zwei
Pflegerinnen: die großbusige Manja und die boxende Lea. Kabbeleien sind
an der Tagesordnung, zum Brüllen komisch. Aber auch das Vergessen gehört
zum Alltag: die Demenz wohnt ebenso in der Kukident-Lounge, wie das
eine oder andere Zipperlein.
Das alles spielt vor der malerischen
Kulisse des winterlichen Langeoog, wenn die Touristen nur vereinzelt
kommen, die Insulaner unter sich sind und die Möwen die einzigen
Lebewesen am Strand. Man will sofort hinfahren - denn trotz des hoch
spannenden Falls ist das Buch mehr als 'nur' ein Krimi. Es ist ein
Reiseführer, eine Liebeserklärung an Langeoog und seine Geschichte. Der
Leser erfährt quasi im Vorbeigehen, dass hier Lale Andersen beerdigt
ist. Zum Beispiel.
Kommissar Töwer hat übrigens das Zeug zum
Serienhelden: ein bisschen unbeholfen in Frauengeschichten bringt er
vermeintliches Großstadtflair aus Aurich mit. Doch längst ist auch er
dem Charme der Insel und der Direktheit ihrer Bewohner, deren
Herzlichkeit verfallen. Im echten Leben soll Langeoog gerne das kleine
Urlaubsparadies bleiben - für die Krimis um Töwer wünsche ich mir
dringend weitere Fälle. So einen spannenden, packenden und zugleich
witzigen Kurzurlaub per Buch habe ich schon lange nicht mehr erlebt.
Mein Tipp: egal wo und bei welchem Wetter, das Langeoog mit seinen
Liebestötern ist eine Lese-Reise wert.