Samstag, 8. September 2012

Langeoog zum Träumen. Und irgendwo im Dorf ist ein (fiktiver) Mörder

Langeoog. Im Gras sitzen und träumen. Rechts ist der Hafen, hinter dem Grün die Teestube und Lokale



   

...auch jenes, in dem Kommissar Töwers Freundin Sonja als Köchin arbeitet. Irgendwo im Dorf ist die fiktive Kukident-Lounge mit ihren Bewohnern, dem Kurt, der Elise, Rosanna, der Otto und Ansgar.

Irgendwo im Dorf ist ein Mörder.





5.0 von 5 Sternen Langeooger Liebeserklärung 9. April 2012

Man wünscht sich einen Strandkorb, um dieses Buch zu lesen. Die heimische Terrasse oder das Sofa tun es aber genau so - weil man eigentlich beim Lesen vergisst, wo man sich befindet. Denn gemeinsam mit Kommissar Töwer, zwangsversetzt nach Langeoog, macht der Leser eine schaurig-skurrile Reise auf die Insel. Sonja, von Beruf Köchin und Töwers Freundin, findet am Ende des Sommers drei Gehirne. Jedes liegt auf einem Puppenstühlchen, daneben brennen Kerzen.
Während die Gerüchteküche bei den Urlaubern brodelt und wieder erkaltet, zieht der Winter ein auf Langeoog. Mit Schnee (außergewöhnlich genug für das Eiland) und einem Mann, der erfroren in den Dünen liegt. Der Leser weiß, wie er dort hin kam, was er in den letzten bitteren Stunden erlebte. Die Kommissare, die viel lieber ihre Ruhe hätten, haben keinen Schimmer. Bis noch eine Leiche auftaucht: ein mumifizierter Mann, der in seiner eiskalten Wohnung quasi gefriergetrocknet war. Nur... der Tote im Sessel saß in einer fremden Wohnung!
Und dann sind da noch die Bewohner der Kukident-Lounge: ein schrulliger Haufen, der keine Lust auf 'kaufreundliche Sahnetorten und Gesellschaftsspiele im Mehrzweckraum der Kirchengemeinde' hat. Die älteren Herrschaften haben sich zusammengetan, gemeinsam ein Haus gemietet und teilen sich zwei Pflegerinnen: die großbusige Manja und die boxende Lea. Kabbeleien sind an der Tagesordnung, zum Brüllen komisch. Aber auch das Vergessen gehört zum Alltag: die Demenz wohnt ebenso in der Kukident-Lounge, wie das eine oder andere Zipperlein.
Das alles spielt vor der malerischen Kulisse des winterlichen Langeoog, wenn die Touristen nur vereinzelt kommen, die Insulaner unter sich sind und die Möwen die einzigen Lebewesen am Strand. Man will sofort hinfahren - denn trotz des hoch spannenden Falls ist das Buch mehr als 'nur' ein Krimi. Es ist ein Reiseführer, eine Liebeserklärung an Langeoog und seine Geschichte. Der Leser erfährt quasi im Vorbeigehen, dass hier Lale Andersen beerdigt ist. Zum Beispiel.
Kommissar Töwer hat übrigens das Zeug zum Serienhelden: ein bisschen unbeholfen in Frauengeschichten bringt er vermeintliches Großstadtflair aus Aurich mit. Doch längst ist auch er dem Charme der Insel und der Direktheit ihrer Bewohner, deren Herzlichkeit verfallen. Im echten Leben soll Langeoog gerne das kleine Urlaubsparadies bleiben - für die Krimis um Töwer wünsche ich mir dringend weitere Fälle. So einen spannenden, packenden und zugleich witzigen Kurzurlaub per Buch habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Mein Tipp: egal wo und bei welchem Wetter, das Langeoog mit seinen Liebestötern ist eine Lese-Reise wert.

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