Sonntag, 8. Dezember 2013

.»Elaine«, schrie er, und noch einmal »Hilfe«



Langeoog ist im Winter ein Seelenreiniger. Ein Hirnklärer. Mit Mütze, Kapuze, dicker Jacke und rutschfesten Stiefeln über den Deich, zu den Dünen, runter durch hartgefrorenen Sand, der unter den Schuhen knistert, knackt und knastert, zum Wasser. Niemand ist da. Du bist hier allein. Vielleicht da und da ein Stück Holz, ein Stück Seil, ein paar Muscheln. Durchatmen. Den Mist des Jahres wegatmen. Weitergehen. Tee trinken.

 Dazu einen Textauszug aus dem 'Langeooger Liebestöter', passend zur Kälte, passend zum Schnee:

 

Textauszug:




Die Luft war so salzig und so kalt, dass sie brannte. Das wird ein schlimmer Winter, dachte Paul. Er spürte, wie die Temperatur fiel und es roch nach neuem Schnee. Seine Zunge pappte am Gaumen. Er fürchtete, dass sie festfrieren könne. Die Kälte kroch unter die Haut und in die Adern. Er tastete sich zu dem Pullover von Antje vor. Vielleicht gab der etwas Wärme ab, Antjes Wärme. Fast glaubte er, ihren Herzschlag zu spüren. Obwohl sie schon viele Jahre tot war.

Er wiegte sich vor und zurück und wusste, Elaine würde nicht wiederkommen. Wütend und frustriert hieb er gegen seine Stirn und fluchte: »Was tut man nicht alles für ein bisschen Fantasie.«

In der Dämmerung leuchtete der Schnee und ein runder orangefarbener Mond zitterte im Wasser.

 »Ich muss sofort nach Hause, sonst erfriere ich. Warum kommt denn niemand vorbei? Ich verdammter Idiot.«

Er versuchte, mit dem Rollstuhl aus der Mulde zu kommen.

»Ich brauche dann nur noch den Weg runter fahren.«

Er ruckelte die Räder hin und her, machte den Motor an, die Räder rutschen, drehten und er rollte wieder zurück. Paul wurde immer unruhiger. Er suchte nach seinem Handy. Wusste genau, dass er es eingesteckt hatte.
 
Mit steifen Fingern zupfte er an der Decke, deren Enden in den Schnee fielen, als wollten sie nur den wärmen. Paul rief: »Hilfe, Hilfe!«, aber seine Rufe nahm der Wind mit.

Der Himmel war jetzt dunkel und man konnte die Möwen nur noch als Schatten erkennen. 





, so lange, bis Paul vollkommen erschöpft war. Er ruhte sich ein paar Minuten aus, dann stemmte er sich hoch und ließ sich nach vorn fallen. Auf den Knien kroch und rutschte er, verlor die Richtung, mit großer Mühe schob er sich durch den Sand.

Paul wurde übel. Kalter Schweiß brach aus. Vor seinen Augen flimmerte es. Mit allergrößter Anstrengung schaffte er ein paar Meter vorwärts. Dann rutschte er über die glatte Schneedecke und blieb im hartgefrorenen Sand liegen.



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